Fam. Seebald: Berlin an Kroschl
Gertrud Berlin, Ärztin
Vordere Straße 16
D-71404 Korb
24.11.2009
Herrn Staatsanwalt
Dr. Christian Kroschl
Tel: 0316 80479
Az: 25 ST 153 / 09 X / 1
Nachrichtlich an
Richterin Mag. Veronika Lenz
Sehr geehrter Herr Staatsanwalt Dr. Kroschl,
Als Kollegin von Herrn Dr. Hamer möchte ich Sie dringend bitten, dessen Anliegen um das uneingeschränkte Sorgerecht der Familie Seebald für ihr jüngstes Kind gewissenhaft zu überprüfen. Eine ausführliche wissenschaftliche Begründung des Einspruchs, die noch kein einziger Skeptiker widerlegen konnte, ist Ihnen von Herrn Dr. Hamer übermittelt worden. Es liegt also an Ihnen, Herr Staatsanwalt, Vernunft und Gerechtigkeit walten zu lassen.
Als Mutter von drei Kindern kommt mir das kalte Grauen, wenn ich mir vorstelle, dass ich meinem kleinen Kind auf Grund einer behördlichen Anordnung ein Mittel wie AZT hätte geben müssen.
Haben Sie, Herr Staatsanwalt, schon einmal einen Menschen gesehen, der über Jahre hinweg AZT geschluckt hat? Ich mußte vor zehn Jahren im Rahmen meiner damaligen Unterrichtstätigkeit den Vortrag eines dreißigjährigen, HIV-positiven, homosexuellen Mannes miterleben, der von seinem Schicksal berichtete (von seiner Krankenkasse hatte er für diese Eigeninitiative ein Taschengeld erkämpft). Nach jahrelanger Einnahme von AZT und zahlreicher Begleitmedikamente glich dieser junge Mann eher einem Gespenst als einem Menschen, allein seine unbändige Sehnsucht am Leben zu bleiben, hielt ihn aufrecht. Sein großes Ziel war es damals, noch das Millennium zu erleben. Er wollte mit seinem Vortrag vor allem für sichere Sexualpraktiken werben. Mich und die jungen Zuhörer hat dieser Auftritt nur tief erschreckt und allenfalls ein großes Fragezeichen hinterlassen.
Ich bitte Sie noch einmal, mit Ihrer Entscheidung dafür zu sorgen, dass das Leid, das den Eltern Seebald und ihrem Kind aufgezwungen wurde, ein Ende habe.