Presse: Berufsverbot für Impfgegner
Ein Jahr Berufsverbot für Impfgegner
VON ERNST SITTINGER (Die Presse)
Ärztekammer statuiert Exempel: "Volksgesundheit geht vor Meinungsfreiheit."
Ein Privatmensch dürfe glauben, was er wolle, doch Loibner sei Arzt und müsse als solcher nach dem "Stand der Medizin" handeln, erklärt der Impfreferent der Ärztekammer, Prof. Diether Spork.
GRAZ. Die Disziplinarkommission der steirischen Ärztekammer greift nun beim Thema "Impfungen" hart durch: Am Dienstag wurde gegen den Arzt Johann Loibner aus Ligist ein bedingtes einjähriges Berufsverbot verhängt. Loibner spricht sich seit Jahren explizit und vehement gegen Impfungen aus. Dadurch habe er, so der zuständige Disziplinaranwalt, das Ansehen des Ärztestandes geschädigt und seine ärztliche Sorgfaltspflicht verletzt.
Das Urteil - ein Jahr Berufsverbot bedingt auf drei Jahre - ist der bislang letzte Akt in einem lange schwelenden Konflikt. Eine Handvoll steirischer Ärzte vertritt im Gegensatz zur Schulmedizin den Standpunkt, dass "Impfungen nie genützt haben, sondern leider gar nicht so wenige Schäden an der Gesundheit anrichten", wie Loibner sagt. Er sieht sich als Homöopathen, trat mehrfach als Organisator von impfkritischen Kongressen in Aktion und betreibt auch eine einschlägige Homepage. Loibner empfiehlt anstelle von Impfungen den Eltern, sie sollten bei ihren Kindern für Bewegung, frische Luft, ausreichend Schlaf und regelmäßige Abhärtung sorgen.
Der Impfreferent der Ärztekammer, Prof. Diether Spork, findet für diese Haltung harte Worte: "Es werden falsche Hoffnungen geweckt und Versprechungen gemacht, die nicht haltbar sind. Es ist nicht viel anders als beim seinerzeitigen Fall des berüchtigten ,Krebs-Arztes' Ryke Gerd Hamer." Die Medizin könne dies nicht dulden, da gerade das Thema Impfungen heikel sei: "Wir brauchen ja den gesunden Menschen, der zu uns kommt, bevor er etwas spürt. Deshalb ist hier Aufklärung besonders wichtig."
Dass Loibner eine Vernichtung seiner Existenz und einen Anschlag auf die Meinungsfreiheit ortet, lässt Spork nicht gelten: Ein Privatmensch dürfe glauben, was er wolle, doch Loibner sei Arzt und müsse als solcher nach dem "Stand der Medizin" handeln. Es gehe um das Recht der Kinder auf Schutz vor gefährlichen Infektionskrankheiten. Spork, früher langjährig an der Grazer Kinderklinik tätig: "Ich habe noch gesehen, wie Kinder an Masern sterben. Gott sei Dank gibt es heute eine so hohe Durchimpfungsrate." Andererseits seien es gerade diese Erfolge, die die Menschen heute anfällig machten für Anti-Impf-Propaganda, da es eben die dramatischen Beispiele nicht mehr gebe.
Spork betont, dass man dem Impfen nicht unkritisch gegenüber stehe. Beispiel Tuberkulose: Sie wird heute nicht durch Impfen bekämpft, da es besser ist, sie früh zu erkennen und zu behandeln.
Aufklärungsbedürftiges Detail: Noch am 21. Oktober trat Loibner als Referent bei einer Impf-Tagung in Graz auf - veranstaltet offiziell von der Ärztekammer und unterstützt von der Pharma-Industrie. Die Kammer hüllt sich in Schweigen: Disziplinar-Urteile seien laut Ärztegesetz geheim, heißt es.