Ganze Woche: Nobelpreis
Er schluckte einen Bakterien-Cocktail und erhält nun den Nobelpreis
Wer einen Nobelpreis erhält, hat Hervorragendes geleistet. Viele Wissenschaftler forschen dafür mit Leib und Seele – eine Beschreibung, die für Barry Marshall, 54, mehr als zutrifft. Er hat seine Forschungen mit vollem Körpereinsatz zum Erfolg geführt. Zum Dank geht der diesjährige Nobelpreis für Medizin an ihn und seinen Mentor Robin Warren, 68.
Die beiden Australier wurden für ihre bahnbrechenden Arbeiten über die Ursache von Magengeschwüren und Magenschleimhautentzündungen ausgezeichnet. Dass sie dafür einmal den Nobelpreis bekommen würden, war nicht vorhersehbar: Marshall und Warren mussten jahrelang Spott und Hohn ertragen, weil ihnen die Forschergemeinde keinen Glauben schenkte. Die beiden Ärzte vertraten die Ansicht, dass Magengeschwüre gar nicht durch Stress, scharfe Speisen oder einen ungesunden Lebensstil ausgelöst werden, sondern durch Bakterien. Anfang der 80er Jahre war noch in jedem Lehrbuch zu lesen, dass im Mageninneren Bakterien keine Lebenschance haben.
"Es gab viele Leute, die nicht glaubten, was wir sagten", erinnert sich Marshall, "aber sie konnten uns nicht ruhigstellen." Es gelang Marshall und Warren, aus Magenproben Bakterien zu entnehmen.
Weil ihnen dennoch niemand glaubte, griff Marshall zu einer drastischen Maßnahme: Im Jahr 1982 schluckte er einen "Bakteriencocktail" mit dem Erreger, der heute unter dem Namen "Helicobacter pylori" bekannt ist. "Ich hatte damals eine Infektion und fiel daher als Versuchsperson aus", erklärte Warren, warum er sich nicht diesem Experiment aussetzte.
Schon eine Woche später stellte sich der gewünschte Erfolg ein: Marshall musste sich ständig übergeben und bekam eine schwere Schleimhautentzündung.
Damit war der Beweis erbracht. Letztendlich führte der schmerzhafte Selbstversuch dazu, dass nicht nur Medizinbücher umgeschrieben wurden, sondern dass auch den vielen Patienten geholfen werden konnte: Mußte früher die Magensäure mit Medikamenten neutralisiert und häufig operiert werden, reicht heute eine einwöchige Therapie mit Antibiotika aus, um das Magenleiden in den Griff zu bekommen.
"Diese Entdeckung hat das Leben hunderttausender Menschen drastisch verbessert", lobte das Nobelpreiskomitee.