Kurier: Obskure Drohbriefe
Kurier, 06.11.2005
Obskure Drohbriefe an heimische Ärzte
Der Fan-Club des selbsternannten Krebsheilers und medizinischen Scharlatans Geerd Ryke Hamer macht wieder auf sich aufmerksam. Der 69-jährige Deutsche sitzt zwar in Frankreich eine Gefängnisstrafe wegen falscher Behandlungen von Patienten ab, die tödlich endeten.
Doch eine Bürgerinitiative über die sogenannte Germanische Neue Medizin versucht, im österreichischen Medizinerwesen Druck zu machen. Eingeschriebene Briefe aus Berlin, die offiziellen Charakter vermitteln sollen, flattern Ärzten in Ordinationen und Kliniken.
Mit obskurer Behauptung: Es sei eine neue rechtliche Situation eingetreten, die Ärzte verpflichtete, "die Hypothesen der Schulmedizin über den Haufen zu werfen". Nicht entartete Zellen führten zu Krebs sondern ein Zusammenspiel von Psyche, Gehirn und Organen sei Auslöser von Tumoren. Die GNM beruft sich dabei auf die slowakische Universität Trnava, die Hamers Theorien anerkannt hätte.
DROHUNG
"Dies hat zur Folge, dass Sie mit der nun erfolgten Inkenntnissetzung zumindest verpflichtet sind, Ihre Patienten vor dem Beginn Ihrer meist tödlich endenden Krebstherapien auf die Existenz .... der GNM hinzuweisen und sich das auch von Ihren Patienten mit Unterschrift quittieren lassen."
Es wird bei Unterlassung sogar mit strafrechtlichen Konsequenzen gedroht. Eine entsprechend scharfe Reaktion kommt daher von der steirischen Ärztekammer. Es handle sich um eindeutige Falschinformationen, die rechtlich irrelevant seien, betont Kammerdirektor Peter Stepantschitz. Es gelte der Grundsatz "State of the Art". Und dieser werde von den Universitäten und den Fachgesellschaften festgelegt.
Gegen Hamer ist in Österreich wegen dutzender tödlich verlaufender Behandlungen noch ein Haftbefehl aufrecht. Dem Prozess wegen Falschbehandlung der damals fünfjährigen Niederösterreicherin Olivia P. hatte sich der Mediziner durch Flucht entzogen.