Hamburger Abendblatt:
Italiens Prinz hinter Gittern

19.06.2006

Peer Meinert

Skandal: Wetten und Prostitution - Viktor Emanuels Schmutzige Geschäfte. 1978 hatte der Adlige bereits einen deutschen Studenten [Anm. Dirk Hamer] erschossen.

Rom. Sex, Glücksspiel, Korruption - und ein italienischer Prinz hinter Gittern. Die Festnahme von Viktor Emanuel von Savoyen (69), Sohn des letzten italienischen Königs, wegen Verwicklung in schmutzige Spielbank-Geschäfte hat am Wochenende ganz Italien erschüttert. Noch dazu ziehen die Ermittlungen wegen gezinkter Spielautomaten, Betrugs sowie Ausbeutung von Prostituierten weitere Kreise in Europas Hochadel: Auch der einstige bulgarische König Simeon II. (69) soll laut italienischen Medien verwickelt sein. Der Nobelmann aus dem Hause Sachsen-Coburg-Gotha, der von 2001 bis 2005 in Sofia Ministerpräsident war, ist ein Vetter Viktor Emanuels. Der wiederum sitzt seit Freitag abend im Gefängnis von Potenza in Süditalien und weist alle Beschuldigungen zurück: "Ich bin absolut unschuldig." Morgen soll er erstmals zur Vernehmung vor Gericht erscheinen.

Die ersten Tage in der vier mal vier Meter großen Zelle sind alles andere als angenehm: "Nicht mal einen Fernseher für das WM-Italien-Spiel habe ich bekommen", beschwert sich der Blaublütige. Doch die Staatsanwaltschaft ist unerbittlich: "Die Indizien sind schwerwiegend."

Italien ist an Skandale gewöhnt, doch selten hat eine Affäre das Land derart aufgewühlt: Rund ein Dutzend Verdächtige sitzen laut Behörden in Haft oder in Hausarrest, gegen ein weiteres Dutzend wird ermittelt. "Millionengeschäfte mit Spielautomaten und Sex - Viktor war der Anführer" titelt die Zeitung "Corriere della Sera". Der Prinz habe mitgeholfen, Prostituierte aus Osteuropa ins schicke Kasino-Milieu einzuführen, berichtet ein anders Blatt. Es gehe auch um den Verdacht der Geldwäsche, illegale Spielautomaten seien bis nach Rußland und Libyen verkauft worden. Gestern veröffentlichten Zeitungen weitere Peinlichkeiten: Der Prinz selbst habe Prostituierte aufgesucht und sich dabei ziemlich knauserig gezeigt. Auch seine Schwester Maria Beatrice (63) läßt kein gutes Haar an ihm: "Die Blondinen haben Viktor immer schon gefallen. Aber das ist jetzt zuviel." Überhaupt geht sie mit dem Bruder scharf ins Gericht: "Er ist schwach, mit dem Alkohol läßt er sich gehen."

Der Prinz in der Zelle gibt sich optimistisch. "Glauben Sie wirklich, ich habe es nötig, Prostituierte für 2000 Euro, zu verleihen'? Ich habe nichts zu befürchten." Empört ist dagegen sein Sohn Emanuele Filiberto (33), gegen den ebenfalls Ermittlungen laufen. "Sie haben ihn abgeholt wie einen Banditen", beschwert er sich.

Viktor Emanuel war erst vor vier Jahren mit seiner Ehefrau Marina Doria (71) und seinem Sohn nach 56 Jahren im Exil nach Italien zurückgekehrt. Er ist der Sohn des letzten italienischen Königs Umberto II., der nach dem Zweiten Weltkrieg abdankte, weil er sich mit Diktator Mussolini eingelassen hatte. Seit längerem ist der Königssohn in Italien unbeliebt. Es gab immer wieder Negativ-Schlagzeilen. So etwa 1991, als er in Paris wegen des Todes eines deutschen Studenten vor Gericht stand. Der Nobelmann soll sich 1978 auf seinem Boot in einem Hafen von Korsika im Zuge eines Streits dermaßen erregt haben, daß er zu einem Gewehr griff und um sich schoß. Eine Kugel schlug durch den Rumpf eines anderen Schiffes und tötete den schlafenden Deutschen. Das Pariser Gericht verurteilte Viktor Emanuel lediglich wegen unerlaubten Waffentragens zu einem halben Jahr Gefängnis mit Bewährung. (dpa)


Anmerkung:
2023 wurde über den Mord an Dirk Geerd Hamer eine Netflix-Propaganda-Rufmord-Doku veröffentlicht: Siehe "Der König, der niemals einer war"

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