Neue Woche: Krebs-Pfuscher
Neue Woche, 15.03.2006
Brustkrebs! Der Witwer von Michaela Eckert (40) klagt an:
„Ein Krebs-Pfuscher hat meine Frau auf dem Gewissen“
Michaela Eckert ist durchs Fegefeuer gegangen. Ein Inferno der Schmerzen durchzuckte die 40-Jährige, nächtelang schrie sie sich die fürchterlichsten Qualen aus dem Leib. Eitrige, aufgeplatzte Brustkrebs-Geschwüre haben die einst hübsche Frau von innen heraus verfaulen lassen. Erst der Tod, zwei Tage vor ihrem 41. Geburtstag, brachte Erlösung.
„Ryke Geerd Hamer hat meine Frau auf dem Gewissen“, klagt Gilbert Jakubczyk (53) aus Monschau (Eifel) an, während er traurig auf ein Foto von ihr schaut. „Weil Micha in den Fängen des selbsternannten Krebsheilers geriet, weigerte sie sich bis zum Schluß, ihre Krebs-Erkrankung von Schulmedizinern behandeln zu lassen.“
Sie starb am 12. November 2005 unter schlimmsten Schmerzen. Dann fügt er leise und mit brüchiger Stimme hinzu: „Und ich hatte keine Chance, sie davon abzuhalten...“
Hamer, der 1995 mit dem Krebsmädchen Olivia Pilhar weltweit in negative Schlagzeilen geriet, geht in seiner „Germanischen Neuen Medizin“ davon aus, dass alle Erkrankungen ihre Ursache in psychischen Konflikten haben.
Beispiel: „Beim Eierstockkrebs ist es immer ein schwerer Verlustkonflikt, z.B. ein Kind, ein geliebter Mensch, aber auch ein Tier“, schreibt Hamer.
Und Brustkrebs deute auf eine Partnerschaftskrise. Wer aber seine Psychoprobleme löse, könne auf Medikamente, Chemo-Therapie oder Operationen verzichten.
Die Häscher des „Heilers“ finden ständig neue Opfer
Ein tödlicher Irrtum, von dem sich Michaela Eckert locken ließ. Denn nach einer Chemo-Therapie war klar: Die rechte Brust muss ihr abgenommen werden. „Weil Micha aber davor ungeheure Angst hatte, ist sie ihm in die Falle gegangen!“ , erzählt Gilbert Jakubczyk. Wer Krebs hat, klammert sich an aller, was auch nur ein wenig Heilung verspricht...
Kurz vor der OP hatte Michaela zum ersten Mal von Hamer gehört. Dann ging alles ganz schnell: Nachdem die Kunstmalerin mit ihrer Mutter im Sommer 2003 den „Wunderheiler“ in Spanien besucht hatte, brach sie die Therapie im Krankenhaus ab.
Als sich ihr Zustand über die Monate hinweg verschlimmerte, zog Michaela zu ihrer Mutter nach Köln. Dort wurde sie von Hamers Anhänger betreut und abgeschirmt. Gilbert durfte seine Frau weder besuchen noch mit ihr telefonieren. „Ich konnte mich nicht mal von ihr verabschieden.“ Selbst Michaelas Tod wurde ihm tagelang verschwiegen, dann wurde sie anonym verscharrt. Er weiß bis heute nicht, wo.
Doch das scheint die „Wunderheiler“ nicht zu kümmern. Hamers Stellvertreter Helmut Pilhar gibt sich auf Anfrage von Neue Woche einsilbig: „Ich habe dazu nichts zu sagen.“
Diese Vorsicht hat Gründe: Denn mehr als 20 Menschen erlitten nach Angaben von Fachautor Aribert Deckers, der seit Jahren Hamers Umtriebe kritisch beobachtet, schon das gleiche grausame Schicksal. Und Ursula Caberta, die Sektenbeauftragte der Hamburger Innenbehörde, setzt sogar noch einen drauf: „Unter allen Wunderheilern ist Hamer der gefährlichste!“
Trotzdem gehen die Häscher von Hamer, der bis vor wenigen Wochen in Frankreich wegen Betrugs in Haft saß, in 120 konspirativen Stammtischen auf Seelenfang.
Dabei machen sie sogar vor den Kleinsten nicht Halt! In der Schweiz gibt es eine ganze Bilderbuchreihe, die Kindern die kruden Methoden näher bringen sollen. Besonders erschreckend: Autorin ist Daniela Amstutz, die ihren Sohn an Krebs sterben ließ, weil sie an Hamer glaubte.
Es ist nur eine Frage der Zeit, wann der nächste Patient qualvoll stirbt. Vielleicht sogar wieder ein unschuldiges Kind. „Deswegen muss man der Hamer-Clique das Handwerk legen. Ich habe Anzeige erstattet“, sagt Gilbert Jakubczyk. „Auch wenn mir das meine Frau nicht zurückbringt...“
siehe: Gegendarstellung