Todesfalle Germanische Neue Medizin
Ungekürzte Originalaufnahme: Report München bei Dr. Hamer in Norwegen
ARD Report München, 18.01.2010
Pressemitteilung
Pressemitteilung des ARD-Politmagazins report MÜNCHEN, 18.01.2010
München - Ein 12jähriges, krebskrankes Mädchen aus dem Allgäu ist an Heiligabend verstorben. Die Eltern hatten jegliche Behandlung [4] abgelehnt mit der Begründung, sie seien Anhänger der sogenannten Germanischen Neuen Medizin. Gründer dieser Bewegung ist, der in Norwegen lebende Geerd Ryke Hamer.
Hamer ist mehrfach vorbestraft und seit 1986 ohne Approbation [5]. Von seinem Exil in Norwegen gibt er aber nach wie vor Diagnosen per Telefon. So auch im Fall des verstorbenen Kindes aus dem Allgäu. Hamer versprach dem Mädchen und seinen Eltern eine baldige Heilung. Das ARD-Politmagazin report MÜNCHEN (Heute 21.45, ARD) hat Geerd Ryke Hamer in Norwegen besucht.
In einem Exklusiv-Interview erklärte Hamer zum Tod des Kindes, er schließe sich der Meinung der Eltern an, Susanne sei ein sogenannter Todeschip heimlich im Krankenhaus implantiert worden: "Diese Chips werden eingesetzt und haben Giftkammern und sie können per Satellit ausgelöst werden." [7] Er wiederholte ebenfalls vor laufender Kamera, Krebs sei keine Krankheit sondern ein "sinnvolles biologisches Sonderprogramm". Seine Unterstützer in Deutschland und Österreich verbreiten die Germanische Neue Medizin über Vorträge und Stammtische. Angesprochen auf seine Nähe zur Rechten Szene [8] erklärte Hamer gegenüber report MÜNCHEN: "Wir (gemeint ist Deutschland, Anm. d. Redak.) sind ein Besatzungsland. Die Bundesrepublik existiert völkerrechtlich nicht."
Dass die Lehre der Germanischen Neuen Medizin unweigerlich zum Tod führen kann, berichten Angehörige [6]. So der Fall Schlömer aus Bergheim bei Köln. Wera Schlömer erklärte gegenüber report MÜNCHEN: "Hätte mein Mann nicht auf Herrn Hamer gehört, er könnte heute noch leben." Zum Fall Schlömer, erklärte Hamer, er könne eben nicht jeden retten. Hamer bestreitet bis heute die Existenz von Aids, ebenso wie der Vogel- oder auch Schweinegrippe. Derzeit prüft die Norwegische Justiz, ob Hamer in Norwegen wieder als Arzt praktizieren darf.
Mehr zum Thema am Montag Abend, 18.01.2010, um 22 Uhr im Ersten.
Diese Pressemittlung ist frei verwendbar unter Nennen der Quelle: ARD-Politmagazin "report MÜNCHEN".
Todesfalle Germanische Neue Medizin
Behandlung eingestellt, Kind tot
Ein 12-jähriges an Krebs erkranktes Mädchen aus dem Allgäu ist Ende Dezember verstorben, weil die Eltern jegliche medizinische Behandlung abgelehnt hatten [4]. Die Eltern sind Anhänger der sogenannten Germanischen Neuen Medizin. report MÜNCHEN traf den Gründer dieser Lehre.
Von Ulrich Hagmann, Annette Peter
Stand: 18.01.2010
Susanne verlor den Kampf gegen den Krebs am Heiligen Abend, letzten Jahres. Sie starb hier im Allgäu auf einem abgelegenen Gehöft nahe Altusried. Das Kind durfte nur 12 Jahre alt werden, obwohl die Prognosen der Universitätskliniken die Heilungschancen ursprünglich bei 60 bis 70 Prozent sahen. Aber die Behandlung wurde auf Anraten des obskuren Krebsheilers Ryke Geerd Hamer [1] abgebrochen.
[Video]
Ein 12-jähriges an Krebs erkranktes Mädchen aus dem Allgäu ist Ende Dezember verstorben, weil die Eltern jegliche medizinische Behandlung abgelehnt hatten [4]. Die Eltern sind Anhänger der sogenannten Germanischen Neuen Medizin. report MÜNCHEN traf den Gründer dieser Lehre.
Laut Hamer war Susanne gar nicht krank. Mit 4 Gutachten mischte sich der Begründer der Germanischen Neuen Medizin, von seinem Exil in Norwegen in die Behandlung des in Wahrheit schwerkranken Kindes. Hamer, hier bei einer Gerichtsverhandlung 1997 in Köln, saß in Deutschland und in Frankreich im Gefängnis wegen Betruges, unterlassener Hilfeleistung und der illegalen Ausübung medizinischer Tätigkeit [5]. Europaweites Aufsehen erregte der Fall Olivia Pilhar [2]. Hamer flüchtete mit dem krebskranken Kind und den Eltern quer durch Europa. Das Mädchen wurde auf Veranlassung der österreichischen Behörden operiert und ist heute vollkommen gesund. Auch im Allgäu im Fall Susanne wurden Jugendamt, Landratsamt und Familiengericht tätig. Doch für Susanne kam diese Hilfe zu spät.
Andreas Kaenders, Landratsamt Oberallgäu: "Was wir tun konnten, haben wir getan, in der uns zur Verfügung stehenden Zeit. Und in diesem Rahmen haben wir, wie gesagt, die medizinische Versorgung des Mädchen soweit es eben möglich war, zu diesem Zeitpunkt sichergestellt."
Doch bis die Ämter die Gesundheitsfürsorge übernommen hatten, war das unbehandelte Krebsgeschwür schon zu groß gewachsen. Weil Hamer den Fall samt allen medizinischen Gutachten im Internet öffentlich gemacht hat, nimmt auch die Universitätsklinik Ulm vor unserer Kamera Stellung.
Prof. Dr. Daniel Steinbach, Universitätsklinik Ulm: "Die meisten Kinder, die wir mit so einem Tumor in so einem Stadium behandeln, die werden gesund und bleiben gesund und das wäre wahrscheinlich auch für diese Patientin möglich gewesen." [4]
Hamer hat das Kind nie gesehen nur zweimal mit Susanne telefoniert, trotzdem stellte er folgende Ferndiagnose: "Nie würde jemand wagen, ein jüdisches Kind zur Chemo zwingen. Es besteht zur Zeit überhaupt kein aktueller Handlungsbedarf." [10]
Wirre antisemitische Äußerungen sind typisch für Hamer. Wegen Volksverhetzung ermittelt die Staatsanwaltschaft Göttingen gegen ihn. [10] Wir stöbern den Begründer der Germanischen Neuen Medizin in Norwegen auf. Er erklärt sich zu einem Treffen in einem Hotel bereit. Seine Bedingung: Das Interview wird von seiner Mitarbeiterin gefilmt. Wir wollen wissen: Warum musste Susanne sterben [0a].
Ryke Geerd Hamer, Arzt ohne Approbation: "Alle, die ganze Familie vermutet, dass sie einen Chip gekriegt hat."
report MÜNCHEN: "Was meinen Sie mit einem Chip gekriegt?"
Ryke Geerd Hamer: "Diese Chips, die werden in die Kanüle vorne eingesetzt. Die Kanüle hat einen Durchmesser von 0,3 Millimeter und da können sie so einen Chip einsetzen, beliebig lang einen Millimeter oder zwei je nach dem. Und der hat dann also Giftkammern und da ist ja ein Patent angemeldet sogar und die können sie dann beliebig, per Satellit auslösen. Und denn ist er tot." [7]
Wer sich auf die Ideen Ryke Geerd Hamers einlässt, muss sich auf erstaunliche Erklärungen gefasst machen und bezahlt manchmal mit dem Leben, wie Heinz-Dieter Schlömer. Seine Frau erzählt, der Darmtumor sei relativ klein gewesen. Auf Anraten Hamers blieb der Tumor knapp 3 Jahre unbehandelt und wog am Ende 4 Kilo.
Wera Schlömer: "Die Germanische Neue Medizin ist ein Weg zur Hölle, zum Tod, zum Siechtum. Es ist einfach irreführend und bringt die Menschen dazu, zu etwas zu neigen, was absolut nicht der Wahrheit entspricht. Sie führt zum Tod unweigerlich." [9]
Ryke Geerd Hamer, Arzt ohne Approbation: "Wenn da wirklich hundert bei mir gestorben wären, die vorher schulmedizinisch vorbehandelt waren. Das wäre gar nichts."
report MÜNCHEN: "Nein, der war nicht schulmedizinisch vorbehandelt, der hat gleich auf Sie gehört. Der ist gestorben."
Ryke Geerd Hamer: "Den hab ich aber gar nicht gekannt."
report MÜNCHEN: "Doch den haben Sie gekannt, der war in Spanien auch bei Ihren Vorträgen."
Ryke Geerd Hamer: "Ja, weiß ich nicht. Also, ich kann auch nicht jeden retten. Der Patient hat auch das Recht zu entscheiden, was er will."
Über eine Stunde diskutieren wir mit Hamer. Er erklärt, es gebe keinen HI-Virus, Aids sei nur eine Allergie und immer wieder kommt er auf sein Lieblingsthema: Die Juden wollten mit der Chemotherapie die Nichtjuden vernichten.
Ryke Geerd Hamer, Arzt ohne Approbation: "Übrigens in Deutschland kriegt kein Jude Chemo. Kein Jude kriegt Chemo. Das wollen wir auch festhalten. Und die allermeisten Onkologen gehören dieser Glaubensgemeinschaft an. Sie behandeln ihre jüdischen Patienten ohne Chemo und die nicht-jüdischen mit Chemo." [10]
Hamer hat nach eigenen Angaben über 100 000 Anhänger. Allein in Bayern gibt es ständig Vorträge, Seminare und Stammtische. Scharenweise strömen vor allem Krebskranke zu diesen Veranstaltungen. Am Freitag kamen knapp 70 Menschen nach Oberhaching, um einen Vortrag der Germanischen Neuen Medizin zu hören. Unsere Kamera ist im Vortragssaal nicht erwünscht. [11]
Eine Besucherin: "Sind Sie von der Kriminalpolizei? Dieser Hamer wird ja ganz schön verfolgt, nicht dass ich dann ins Gefängnis komme."
Eine andere Besucherin: "Es ist nur zufällig so, dass die Juden wie man lesen kann, eben das anwenden und dass da keiner Krebs hat."
Eine weitere Besucherin: "Ich mische Medizin und Politik nicht."
Auch im Allgäu sind Susannes Eltern mit der Lehre Hamers in Berührung gekommen und haben entschieden die medizinische Behandlung ihres Kindes abzubrechen. Fühlt Hamer sich verantwortlich für Susannes Tod? Kann er Schuld bei sich erkennen, weil seine Diagnose falsch war? [4]
Ryke Geerd Hamer: "Ich habe keine Schuld dabei gar nicht, absolut nicht. Sondern keiner weiß, wer das gemacht hat."
report MÜNCHEN: "Das Mädchen abgeschaltet?"
Ryke Geerd Hamer: "Man könnte das vermuten."
Wir brechen das Gespräch mit Hamer ab. Er behauptet Dinge, die einfach nicht stimmen. Denn es gibt auch in Israel Chemotherapie und selbstverständlich sterben dort auch Menschen an Krebs. Ein alter uneinsichtiger Mann [1] macht sich auf den Heimweg. Unverständlich bleibt für uns, wieso so viele Menschen ausgerechnet diesem Mann und seiner Medizinsekte [12] im Augenblick ihrer größten Not vertrauen.
Ungekürzte Originalaufnahme: Report München bei Dr. Hamer in Norwegen
Kontrovers extra 27.05.2010, Todesfalle: Germanische Neue Medizin