USA wollen fast jeden Erwachsenen auf Aids testen

WELT-online, 22.02.2010

Gesundheit
Von Elke Bodderas

Amerikanische Behörden bereiten eine neue Strategie im Kampf gegen Aids vor: Fast jeder Erwachsene soll künftig regelmäßig auf das HI-Virus getestet werden. Ist er positiv, bekommt er sofort mehrere starke Dosen antiviraler Arzneien. Die Strategie wurde in einem anderen Land bereits erfolgreich erprobt.

Fast jeder erwachsene US-Amerikamer soll künftig auf Aids untersucht werden, damit die Verbreitung des Virus' eingedämmt wird

“Es ist momentan die beste Möglichkeit, die Verbreitung des Virus wenigstens zu bremsen”, erklärte Brian Williams, Epidemiologe vom South African Center of Epidemiological Modeling and Analysis am Wochenende auf der internationalen Wissenschaftskonferenz AAAS in San Diego.

Das Ziel der Kampagne ist: Neue Infektionsfälle so früh wie möglich auszumachen – und zu verhindern, dass die Betroffenen weitere Personen mit HIV anstecken. Anfangs sei die Virenlast zwar noch nicht besonders hoch, aber wenn man früh einschreite, könne die Zahl der Erreger im Blut der Patienten sehr rasch dramatisch gesenkt werden – und damit auch die Ansteckungsgefahr, die von den Betroffenen ausgehe.

Die HIV-Therapie mit antiviralen Arzneien ist an sich nichts Neues. In den vergangenen Jahren habe sie sich gut bewährt, mehr und mehr Patienten hätten die Medikamente bekommen. Dennoch sei oft viel zu spät mit der Therapie begonnen worden, sagte Williams. “Wenn die Patienten die Arzneien das erste Mal bekommen, haben sie meistens zuvor schon viele weitere Menschen angesteckt”. Man solle die Arzneien in Zukunft nicht nur benutzen, um Leben zu retten, sondern auch, um den weltweiten Erfolgszug der Seuche zu stoppen.

Weltweit sind etwa 40 Millionen Menschen mit HIV infiziert, das Virus breite sich weiter aus, hieß es in San Diego. An einem Impfstoff gegen den Erreger wird trotz jüngster Rückschläge weiter gearbeitet. “Die letzten Versuche waren zwar nicht sehr erfolgreich”, sagte Impfstoff-Experte Dennis R. Burton vom Scripps Research Institute im kalifornischen La Jolla auf der Tagung, dennoch seien Tests an Affen vielversprechend verlaufen, was ihn optimistisch stimme.

Die Antivirus-Arzneien sind momentan die beste Waffe im Kampf gegen Aids. Früh eingenommen, könnten sie die Zahl der Erreger auf ein Zehntausendstel jener Rate senken, die sich normalerweise zu diesem Zeitpunkt im Blut der Betroffenen findet. Solch ein Einschnitt könne helfen, die Infektionskette zu durchbrechen, sagte Williams.

Das Virus verbreite sich auch deshalb so erfolgreich, weil viele Menschen nicht wüssten, dass sie infiziert seien. “In den USA ahnt schätzungsweise jeder Vierte nichts von seiner Krankheit”, sagte Kenneth Hugh Mayer in San Diego, er ist Aids-Experte von der Brown Universität in Providence. “Diese Menschen können hochinfektiös sein und völlig ahnungslos viele weitere Personen anstecken.”

In den USA wird die neue Aids-Strategie zunächst drei Jahre lang in Washington und New York erprobt – in der Bronx und in Columbia, diese beiden Stadtteile New Yorks sind USA-weit am stärksten mit Aids durchseucht. Etwa fünf Prozent der Stadtteil-Bewohner seien mit HIV infiziert, sagte Anthony S. Fauci, Direktor des Nationalen Instituts für Allergien und Infektionskrankheiten der “New York Times”, eine Rate, die in etwa der in West-Afrika entspräche. Die Menschen von der Straße zu einem Aids-Test zu bewegen, sei vermutlich der härteste Teil des Projektes, sagte Fauci. Obwohl die Ärzte für alle 13- bis 64-Jährigen Aidstests anböten, lehnten die meisten Menschen ab.

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