Helmrich an Dr. Hamer
Södertälje, den 31. Mai 1999
Lieber Herr Hamer
Ein Gedanke, der mir schon lange im Kopf herumgeht und den ich in unserem letzten Gespräch aufgriff, war folgender:
der grundlegende Wahrnehmungs- oder Denkvorgang, der immer wieder in der Medizin der Vergangenheit aufgetaucht ist (und wahrscheinlich nicht nur in der Medizin ...), betrifft die Hantierung von zwei oder mehreren sog. Abweichungen gleichzeitig.
Beim Orthopäden ist es die Verkalkung, die die ‘Ursache’ des Symptoms an der Schulter oder sonstwo ist, ‘Degeneration’ oder ‘Verschleiß’ heißt es da. Schief tut aber nicht notwendigerweise weh, und daß eine Verkalkung, die einmal fertig und einfach da ist, nicht weh tun kann, fällt niemandem ein. Muskeln gehören in den Bereich Esotherik ...
Der Onkologenbruder (wie Sie sie nennen) meint wirklich, daß die veränderte Zelle macht, daß es einem Menschen schlecht geht, und er glaubt dies so sehr, daß er gar nicht merkt, wenn es einem Menschen mit einer Zellveränderung nicht notwendigerweise schlecht geht. Im Traum fällt es ihm nicht ein, daß vielleicht das Schlechtgehen eines Menschen die Zellveränderung machte, soweit es sich um althirngesteuerte handelte. Genauso ist das Chromosom ‘schuld’ an der Abweichung vom ‘normalen’ und nicht die besondere Situation oder das Befinden der Grund zur Chromosomenveränderung. Das hohe Cholesterin ist ‘schuld’ an der miesen Verfassung eines Menschen und nicht der Streß schuld an der lebensnotwendigen Erhöhung der Blutfette als Anpassung an erhöhte Beanspruchung. Das Kochsalz, das den Blutdruck ‘herauftreibt’, nur weil man bei Hypertonikern gelegentlich höhere Natriumwerte gefunden hat, die eigentlich nur Zeichen einer veränderten Funktion sind, die Leberwerte, die nicht als Folge einer Erschöpfung, sondern sogleich als ‘Saufverdacht’ gedeutet werden, alles das deutet darauf hin, daß jede strukturelle Abweichung, die man zu fassen kriegt, immer als Ursache eines Symptoms gesehen hat ohne zu prüfen, ob das wirklich die Ursachen sind oder nicht. Strukturelle Abweichungen können ebenso Folgen des Symptoms, Folgen der Ursache des Symptoms im Sinne einer Ursachengemeinschaft (gemeinsamer Nenner) oder völlig unabhängig von alledem sein. Dies wurde aber selten geprüft!
Also so: ich finde bei Symptom A die Abweichung vom ‘Normalen’ B. Also hat B A gemacht. Das ist die Logik der Schulmedizin in weiten Teilen. So tut also die Verkalkung weh, tötet der Tumor den Patienten, macht das Chromosom die ‘Mißentwicklung’, vernichtet die Cholesteronkonzentration die Gesundheit und ruiniert das Gefäßsystem.
Daß aber jede Struktur das Resultat einer Aktivität und jede Strukturabweichung das Resultat einer Aktivitätsveränderung ist, scheint bis zum heutigen Tage weitgehend unbekannt zu sein ... Sonst würde das Erscheinungsbild unserer Kardinäle Rückschlüsse über deren Gedanken zulassen ...