Madonna: Olivia Pilhar

Madonna, 05.07.2008

MADONNA berührt mit neuen, überraschenden Gesprächen
Damals, vor dreizehn Jahren, hätte niemand mehr an einen glücklichen Ausgang geglaubt. Ganz Österreich litt mit der kleinen Niederösterreicherin Olivia Pilhar, die an einer seltenen Art von Nierenkrebs erkrankte und deren Eltern sich, nachdem die Ärzte Chemotherapie verordneten, dazu entschlossen, das Kind nicht mehr schulmedizinisch behandeln zu lassen.

Es begann ein Wettlauf mit der Zeit: Die Eltern vertrauten dem umstrittenen Alternativheiler Geerd Hamer, in Olivias Körper wuchs ein riesiger Tumor heran, der den Bauch des Kindes schrecklich aufblähte. Vor der dringend nötigen Operation flüchtete die Familie schließlich, im Bann des Heilers stehend, nach Spanien, erst nach intensiven Verhandlungen kehrte man zurück und der damals Sechsjährigen wurde, gegen den Willen der Eltern, ein mehrere Kilo schwerer Tumor entfernt. Dann wurde es still um die Pilhars, die nach wie vor ihrem damaligen Berater Geerd Hamer (er wurde 2004 wegen illegaler Behandlung von Patienten und Betrug verhaftet, saß drei Jahre im Gefängnis und lebt heute mutmaßlich in Norwegen) die Stange halten. Olivia wurde, dank der gewaltsam durchgezogenen medizinischen Betreuung in Österreich, geheilt, man vermied es allerdings, mit Medien in Kontakt zu treten. Zu tief fühlte sich die Familie, die die schreckliche Zeit rund um Olivias Erkrankung und „Zwangsoperation“ als unverständliche Hetzjagd empfand (und noch immer empfindet), verletzt.

Antalya in der Türkei. Ein MADONNA-Team ist vom Maturareise-Profi Doc LX eingeladen, unter mehr als 3.000 MaturantInnen KandidatInnen für den MADONNA-Model-Contest, Österreich größten und erfolgreichsten Model-Contest, zu casten. Modechef Adi Weiss lässt die vielversprechendsten Mädchen und Burschen noch vor Ort fotografieren. In der Redaktion sichten wir die Bilder, lesen die Kurzbeschreibungen. Olivia Pilhar (19) steht unter dem Foto eines bildhübschen Mädchens. Ja, sie ist es. Das Gespräch mit Olivia Pilhar, dem einstigen „Tumor-Kind“, das sich jetzt als geheilte junge Frau beim MADONNA-Model-Contest bewirbt, finden Sie ab Seite 28.

Uschi Fellner, Chefredakteurin u.fellner@oe24.at

Model mit viel Gefühl
Olivia Pilhar ist eine ganz besondere Entdeckung

Ich war kürzlich bei X-Jam, der großen Maturareise in Antalya, mit dabei. Und bevor jetzt ein blöder Kommentar kommt: Ja, meine Reifeprüfung liegt weit zurück! Gefühlsmäßig sind das an die 120 Jahre. Aber das auch nur, weil mich eine süße Maturantin mit den Worten „Du bist ja ur, ur alt“ begrüßte. Unter uns: Nur „alt“ hätte auch gereicht. Aber egal. Ich war ja auch zum Arbeiten dort. Besser gesagt, auf der Suche nach Modelkandidaten für den großen Madonna-Contest. Und die „Ausbeute“ kann sich wirklich sehen lassen...

Überraschung. Eine Kandidatin sticht besonders hervor. Ihre Markenzeichen: Porzellan-Teint, süße Rehaugen und einen Blick der an Supermodel Kate Moss erinnert. Ihr Name: Olivia Pilhar. Ein Mädchen, das vor 13 Jahren mit ihrer Krebserkrankung weltweit für Schlagzeilen sorgte. Das war beim Casting kein Thema. Im Gegenteil: Geklingelt hat es erst, als das Anmeldeformular in die Redaktion geflattert ist. Und darüber bin ich ganz schön froh. Denn das hübsche Mädchen kam nicht aufgrund seines tragischen Schicksals in die zweite Runde des Madonna-Model-Contests. Nein, die junge Dame schaffte den Aufstieg, weil sie das hat, wovon viele Mädchen träumen: Echtes Modelpotenzial! Ach ja, die Maturantin, die mich als „ur, ur alt“ bezeichnet hat, schaffte es nicht in die zweite Runde. Nur zur Info.

Adi Weiss, Mode-Chefredakteur a.weiss@oe24.at

WAS WURDE AUS OLIVIA?
Glücklich und geheilt. Vor 13 Jahren ging die Geschichte der krebskranken Olivia Pilhar um die Welt. Jetzt bewarb sich die 19-Jährige beim Model-Contest und erzählt in MADONNA über ihre Zukunftspläne.

Mehr als 30 Grad im Schatten, laute Partysounds und mehr als 3.000 aufgeregte Maturanten in Feier-Laune mitten in Antalya. Und: Modechef Adi Weiss auf der Suche nach Kandidaten für den nächsten großen MADONNA-Model-Contest. Ein Mädchen sticht ihm sofort ins Auge: „Sie wirkt etwas schüchtern, aber das konnte ihrer einzigartigen Ausstrahlung nichts anhaben. Im Gegenteil – sie wirkt wie Kate Moss in ihren Anfängen.“ Der Model-Experte zögert keine Sekunde, als die 19-Jährige zum Casting kommt, und lädt sie prompt zum Shooting ein. Als die Redaktion kurz darauf die Anmeldeformulare auswertet, kann sie es kaum fassen: Auf einem Sheet steht da „Olivia Pilhar“ geschrieben.

Flucht in die Hoffnung. Ja, sie ist es. Jenes Mädchen, dessen furchtbare Krankheitsgeschichte vor inzwischen 13 Jahren um die Welt ging. Im Alter von nur fünf Jahren wurde bei der Niederösterreicherin ein sogenannter Wilms-Tumor, eine spezielle Art von Nierenkrebs, festgestellt – die Diagnose schockiert nicht nur ihre Eltern. Nachdem die Ärzte dem kleinen Mädchen eine Chemotherapie verordneten, begann jene erbitterte Flucht der Pilhars, die für Zündstoff in den Medien sorgte. „Als wir in einer solchen Therapie stehenden Kinder im Spital sahen, packte uns schieres Entsetzen.“, begründen Olivias Eltern ihre Vorgehen heute auf ihrer Homepage. Bei dem umstrittenen Ryke Geerd Hamer und seiner „Germanischen Neuen Medizin“ sucht die Familie schließlich nach einem alternativen Ausweg. Als Erika und Helmut Pilhar das Sorgerecht entzogen wird, flüchten sie mit der Kleinen nach Spanien. Erst nach intensiven Verhandlungen kehren sie mit Olivia nach Österreich zurück, wo der inzwischen Sechsjährigen der mittlerweile mehrere Kilo schwere Tumor gegen den Willen der Eltern entfernt wird.

"Ich will nicht, dass wieder über uns geredet wird." – Olivia Pilhar über die öffentliche Diskussionen, die geführt wurden

Geheilt. Szenen, an die sich das heute so glückliche und hübsche Mädchen ungern erinnert. „Ich will das alles hinter mir lassen“, erklärt sie im Gespräch mit MADONNA. Tatsächlich scheint die Zeit nicht nur ihre physischen, sondern auch ihre psychischen Narben ziemlich verheilt zu haben. „Es geht mir sehr gut – vor allem, weil ich meine Matura in der Modeschule erfolgreich abgeschlossen habe“, so das selbstbewusste Mädchen, das nach wie vor in Maiersdorf lebt, woher sie und ihre drei Geschwister (12, 17 und 20) stammen. „Meine Mitschüler und auch meine Freunde kennen meine Geschichte“, erzählt Olivia Pilhar. „Sie alle stehen hinter mir.“ Ihre Schulfreunde waren es auch, die die 1,74 Meter große Beauty überzeugten, beim MADONNA-Model-Contest mitzumachen. „Ich bin bei uns in der Modeschule schon einige Male auf dem Laufsteg gewesen“, so die Maturantin, die noch keine konkreten beruflichen Pläne hat. „Meine Freundinnen meinten, ich hätte doch so eine gute Figur. Ich soll es probieren.“

Zweifel an der Zwangs-OP. Gedanken an die Zwangsoperation, die ihr das Leben rettete, hat sie immer seltener. Aber wie kann man das alles verarbeiten? Wer hat sie dabei psychologisch unterstützt, fragen wir sie. „Eigentlich habe ich mich ganz allein damit auseinandergesetzt – und ein Tagebuch geschrieben. Das hat mir geholfen“, antwortet Olivia, die trotz allem bezweifelt, dass die Zwangsoperation sinnvoll war. Warum, möchte sie nicht erklären: „Ich will nicht, dass die Diskussionen wieder aufkommen und dass wieder schlecht geredet wird über uns.“ Eines Tages will sie aber vielleicht ihre Sicht der Dinge veröffentlichen. Jetzt hat Olivia Pilhar jedoch ausschließlich ihre Zukunft im Visier.

Und die könnte zweifelsohne in einer Karriere als Topmodel enden. „Ich mache mir keine großen Hoffnungen, aber schön wäre es natürlich schon“, schmunzelt die 19-Jährige bescheiden. Sie habe auch deshalb so lange gezögert, sich bei dem Bewerb anzumelden, weil „ich ja diese relativ große Narbe von der Operation habe“. Eine Narbe, die eine unglaubliche Geschichte erzählt. Und die zu ihr gehört wie ihr strahlendes Lächeln.

Olivia Pilhar heute. Mit diesem Bild bewarb sich die 19-jährige Absolventin einer Modeschule beim Casting für den MADONNA-Model-Contest.

"Ich habe alles in meinem Tagebuch verarbeitet. Es geht mir sehr gut!" - Olivia Pilhar über die Erlebnisse ihrer Krankheit und der Zwangs-Operation.


Historische Anmerkung von H. Pilhar (nicht mehr veröffentlicht auf seiner Webseite):

Man hat Olivia nicht "entdeckt", man hat viel mehr gewartet ...

Jetzt möchte man Olivia als "geheilte Chemopatientin" der Weltöffentlichkeit präsentieren. Für die Mächtigen dieser Welt ist so ein Vorhaben ein Kinderspiel. In den Reihen der ganz berühmten Modells würde man Olivia platzieren, immer mit einem kleinen Hinweis auf die ach so gute Chemo.

Und weitere Millionen Kinder würden dieser Show zum Opfer fallen...


Meine süße Olivia! Es liegt ein schwerer Weg vor Dir! Man hat Dich mißbraucht und man wird versuchen Dich weiter zu mißbrauchen. Es geht leider nicht um Deinen beruflichen Erfolg, es geht um die Reduktion der Weltbevölkerung ...

ARCHIV - 2008
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