Experte: Medizin-Forschung oft wissenschaftlich unsauber
Bild der Wissenschaft online, 26.05.2001
Ein großer Teil der medizinischen Forschung hält sich nach Ansicht des Hamburger Biophysik-Professors Hans-Peter Beck-Bornholdt nicht an wissenschaftliche Kriterien. Die Forscher benutzten oft statistische Tricks, um ihre Therapie-Ergebnisse zu schönen, sagte Beck-Bornholdt am Donnerstagabend bei einer Konferenz der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) im hessischen Rossdorf
"Von diesen zweifelhaften Ergebnissen sind Millionen von Patienten betroffen", kritisierte der Professor am Institut für Biophysik und Strahlenbiologie der Hamburger Universität. Ein häufiger methodischer Fehler sei bei der Einteilung der Testgruppen zu beobachten.
So gebe es in der Krebsforschung die Kategorie der schwer Erkrankten mit Metastasen und die leichteren Fälle mit nur einer Geschwulst. Kleinere Metastasen könnten jedoch immer besser entdeckt werden. Wegen besserer Diagnosemöglichkeiten würden Patienten mit vergleichbar schweren Krankheiten über die Jahre unterschiedlich gezählt. "Wenn nun eine neue Untersuchung mit einer alten verglichen wird, stimmen die Gruppen nicht mehr überein," sagte Beck-Bornholdt.
Die medizinischen Forscher halten sich nach Einschätzung von Beck-Bornholdt oft nicht an die einfachsten Grundregeln. So werde eine Hypothese von Untersuchungen manchmal erst nach Bekanntwerden der Testergebnisse formuliert. Der normale Weg wäre dagegen, die Hypothesen gerade durch die Tests zu prüfen. Untersuchungen von Krebstherapien würden außerdem oft zu dem Zeitpunkt abgebrochen, ab dem Langzeitnebenwirkungen auftreten können. "Das ist vergleichbar mit einem Pferderennen, das in dem Moment abgebrochen wird, in dem der eigenen Gaul in Führung liegt."
Die 1987 gegründete GWUP zählt 620 Mitglieder aus Deutschland und dem deutschsprachigen Ausland. Sie prüft vor allem Methoden der Wunderheiler, Wahrsager und Ufo-Forscher auf ihren wissenschaftlichen Wahrheitsgehalt. Nach Forderungen des Hamburger Professors soll sie auch stärker die Schulmedizin kritisch unter die Lupe nehmen.
dpa