Hoch dosierte Fälschungen

Profil Nr. 9, 28.2.2000

Wissenschaftsskandal

Ein gefeierter Krebsspezialist gesteht: Studien, die weltweit zum Einsatz einer radikalen Chemotherapie geführt hatten, waren gefälscht.

Werner Bezwoda, Professor für Hämatologie und Onkologie an der University of Witwatersrand, Südafrika, sorgte 1995 erstmals für Aufsehen: Er präsentierte stolz die erste Studie über eine neue, radikale Art der Krebstherapie. Bei der so genannten Hochdosis-Chemotherapie werden Ultradosen von Zellgiften verabreicht und dem Patienten anschließend aus Knochenmark oder dem Blut gewonnene Stammzellen transplantiert. Damit könnten, so Bezwodas Studienergebnisse, selbst die Überlebenschancen von Patientinnen im Metastasenstadium signifikant erhöht werden.

Überall auf der Welt etablierten sich daraufhin Schwerpunktzentren für die Hochdosis-Therapie. Schwere und schwerste Fälle wurden auf die extrem belastende Behandlung umgestellt. In Österreich unterzogen sich bis Ende vergangenen Jahres 304 Patientinnen der Stammzellentransplantation und nahmen die stärkeren Nebenwirkungen wie Leistungsschwäche, Müdigkeit, vor allem aber eine erhöhte Infektionsgefahr in Kauf.

Im Vorjahr bekam die Euphorie einen ersten Dämpfer. Bei einem Meeting der American Society of Clinical Oncology (ASCO) wurden die Resultate von drei Studien zum Thema referiert. Eine aus Skandinavien stammende und zwei amerikanische Arbeiten fanden keinerlei Vorteile der Radikaltherapie. Nur eine vierte Untersuchung bestätigte Bezwodas Ergebnisse von 1995. Der Autor der nach wie vor Hoffnung schürenden Studie hieß allerdings wieder Bezwoda.

Ein US-Forscherteam besuchte daraufhin den Pionier in Südafrika. Dabei entdeckte das Team irritierende Missstände. Unter anderem stellte sich heraus, dass Patientinnen gar nicht jene Behandlung bekommen hatten, die in Bezwodas Studienprotokoll angegeben war.

Nach weiteren Nachforschungen legte Bezwoda Anfang Februar ein Geständnis ab. Sein Chef an der Witwatersrand University schrieb an die ASCO: "... es gab ernsthafte ethische und wissenschaftliche Verfehlungen." Die Studie sei "diskreditiert und darf nicht als Basis für andere Studien verwendet werden".

Vor wenigen Tagen hat auch die Deutsche Krebsgesellschaft per Rundbrief vor einem weiteren Einsatz der Hochdosismethode im klinischen Alltag gewarnt. Die laufenden Studien sollen aber zu Ende geführt werden.

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