Gespräch Dr. Hamer / Prof. Birkmayer
Dr. med. Ryke Geerd HAMER Sülzburgstr. 29, 5000 Köln 41 Telefon (02 21} 413046
Herrn
Professor Dr. chem. Dr. med. Jörg Birkmayer
Schwarzspanierstraße 15
A 1090 Wien
Köln, den 8.3.89
Sehr geehrter Herr Professor Birkmayer
Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat mich nochmals daran erinnert, daß ich zugesagt hatte, eine kurze Ausführung von Ihnen beizubringen betreffend die Überprüfung der Reproduzierbarkeit einer naturwissenschaftlich-biologischen Gesetzmäßigkeit. Wir hatten ja bereits darüber gesprochen und Sie hatten es zugesagt. Das Gericht ist besonders an Ihrem Urteil interessiert, scheint mir, weil Sie als Chemiker und Arzt, dazu o. Professor für med. Chemie und Onkochemie der Uni Graz dazu eine besondere Kompetenz haben könnten. Damit Ihnen die Sache erleichtert wird, schlage ich Ihnen vor, das ganze in Form einiger Fragen und Antworten abzuhandeln.
1. Frage:
Im Gegensatz zu den spekulativen sog. geisteswissenschaftlichen Fächern wie Philosophie, Psychologie und Theologie etwa, ist die Naturwissenschaft und mit ihr auch die Biologie und Medizin eine nach kausal-logischen Denkkategorien begründete sog. empirische Wissenschaft, deren entscheidendes Unterscheidungsmerkmal zu den spekulativen Geisteswissenschaften darin besteht, daß die in ihr gewonnenen Ergebnisse jederzeit mit der gleichen Methode reproduzierbar sein müssen und auch real reproduziert werden können. Würden Sie diese Definition unterschreiben können?
Antwort : ja
2. Frage:
Wenn jemand im naturwissenschaftlich-biologisch-medizinischen Bereich behauptet, er habe eine biologische Gesetzmäßigkeit gefunden, dann muß er den Beweis dafür dadurch erbringen, daß er zeigt, daß eben die Gesetzmäßigkeit "Methode“ hat, d.h., daß die beschriebenen biologischen (oder physikalischen oder chemischen) Vorgänge eine Gesetzmäßigkeit haben, die in jedem einzelnen Fall reproduzierbar ist, sodaß die jeweiligen Ergebnisse im Prinzip voraussehbar und durchsichtig sind. Handelt es sich hierbei, wie bei der Eisernen Regel des Krebs, um eine völlig neue Gesetzmäßigkeit, die bisher nicht nur unbekannt war, sondern die bisherigen vermeintlichen Regeln umstößt, dann ist es auch nicht möglich, die Ergebnisse “durchzuspielen” bzw. durchzurechnen, sondern man muß überprüfen, ob eine repräsentative Anzahl von Fällen reproduzierbar ist. Nur die faktische Reproduzierbarkeit der empirisch gewonnenen Ergebnisse, die zu einer Gesetzmäßigkeit zusammengefaßt werden konnten, unterscheidet die Naturwissenschaft von der Spekulation. Würden Sie auch damit einverstanden sein?
Antwort : ja
3. Frage:
Wenn ein Gutachter im universitären naturwissenschaftlich-medizinischen Bereich eine gewissenhafte Überprüfung der Reproduzierbarkeit einer naturwissenschaftlich-biologischen Gesetzmäßigkeit vorgenommen hat, dann bleibt natürlich immer noch ein geringer Rest von Unsicherheit durch die subjektive Wertung des Überprüfers, er ist schließlich auch nur ein Mensch und könnte sich trotz größter Sorgfalt bei der Überprüfung der naturwissenschaftlich-biologischen Gesetzmäßigkeit geirrt haben. Je erfahrener und qualifizierter der Gutachter als Naturwissenschaftler ist, desto geringer wird normalerweise die Fehlerquote dieser subjektiven Wertung der Reproduzierbarkeitsprüfung sein.
Sie selbst kennen die Regeln der Naturwissenschaft, wie ich sie nach einem 12-semestrigen Physikstudium ebenfalls kenne. Sie kennen auch die Eiserne Regel des Krebs. Sie waren Zeuge, als eine Reproduzierbarkeitsüberprüfung anhand von 7 Fällen durchgeführt wurde, wie man sie als Naturwissenschaftler korrekt durchführt. Glauben Sie, daß es einem Begutachter der Eisernen Regel des Krebs erlaubt sein könnte, eine Nichtreproduzierbarkeit in der Methodik zu behaupten, ohne auch nur einen einzigen Fall auf Reproduzierbarkeit dieser biologischen Gesetzmäßigkeit überprüft zu haben ?
Antwort: nein
4. Frage:
Im Jahre 1981/82 waren nur 2 Parameter bekannt, die in Korrelation standen und die Eiserne Regel des Krebs ausmachten, nämlich die psychische Seite und die organische. Die cerebrale Seite war als Postulat vorausgesetzt. Zum damaligen Zeitpunkt war die Überprüfung der Reproduzierbarkeit der Korrelation zweier Parameter noch einfacher als heute, wo die Überprüfung der Reproduzierbarkeit eines "Ein-eindeutigen” Korrelationsgeschehens dreier parallel verlaufender Parameter für Unerfahrene zunächst schwieriger erscheinen könnte. Die Überprüfung der Reproduzierbarkeit der alten Fassung der Eisernen Regel des Krebs wäre selbst Universitätsmedizinern leicht möglich gewesen.
Würden sie die Dinge auch so sehen?
Antwort : ja