Reyer an Dr. Hamer
Roswitha Reyer
D 21391 Reppenstedt (BRD)
Am Wildwechsel 5
10. Mai 2013
Herrn
Dr. med. Ryke Geerd Hamer
Sandkollveien 11
N-3239 Sandefjord / Norwegen
Offener Brief
Herr Dr. Hamer,
vorab: Normalerweise versteht man unter einem "Offenen Brief" die Weiterleitung seines Inhaltes an die Presse. In diesem Falle gebe ich diesen Brief nur einigen wenigen mir privat bekannten Anhängern und Gegnern Ihrer Lehre zur Kenntnis.
Nun zur Sache: Wieder ist ein Mensch nach einem langen, schrecklichen Leidensweg im Alter von 72 Jahren an Krebs gestorben. Es war eine alte Freundin von mir. Sie hinterläßt ihren Ehemann, einen Sohn und fünf Töchter sowie Enkelkinder. Wir waren seit unseren jungen Jahren miteinander befreundet, haben uns über Mißliches in beider Leben gegenseitig getröstet und uns gemeinsam über Schönes in beider Leben gefreut. Sie war kein Massenmensch, sondern eine besondere großartige, liebenswerte Persönlichkeit mit großen Verdiensten in gleich mehreren Bereichen.
Während ihrer Krebserkrankung hat sie sich einzig und allein auf Ihre Lehre versteift, war als sonst so intelligente und hochgebildete Frau nicht davon abzubringen, nicht einmal von ihren Angehörigen, auch nicht von engsten Freunden. Von Hamer-Lehre-Anhängern muß man sich im Falle eines an Krebs gestorbenen anderen Hamer-Lehre-Anhängers jedes Mal anhören, daß der/die Betreffende dann eben viel zu spät auf Hamer vertraut habe.
Mit Nachdruck: Nein! Meine Freundin gehörte vielmehr schon vor 25 Jahren zu den allerersten Ihrer Anhänger! Sie kaufte von Anfang an alles, was Sie veröffentlicht haben, war Ihre große Verehrerin und eine leidenschaftliche Verfechterin Ihrer Lehre. Auch mir hat sie Ihre Bücher und die Schriften Ihrer "Jünger" geliehen. Es war das einzige Thema in unserer Freundschaft, in dem wir uns uneinig waren, sogar heftig gestritten haben. (Sie versuchte auch, eine Krebskranke in meinem Umfeld für Ihre Lehre zu gewinnen.) Zu dieser Zeit war sie selber noch völlig gesund.
Als sie dann vor 4 Jahren selbst an Krebs erkrankte und furchtbar gelitten hat, war sie dennoch von ihrem Glauben an Sie nicht zu heilen. Sie hat sogar zunächst den unmenschlichen Rat eines Arztes, der Ihre Lehre bejaht, befolgt, keine Schmerzmittel einzunehmen, sondern die Schmerzen zu ertragen. Und so stöhnte sie vor Schmerzen manchmal so laut, daß auch ihr Ehemann nachts nicht mehr schlafen konnte. (Für diese "ärztliche Hilfe" hat jener Arzt obendrein ein Honorar von mehreren hundert Euro verlangt und auch erhalten.) Zwei Quacksalber, auch Hamer-Lehre-Anhänger, haben ebenfalls für viel Geld irrwitzige Ratschläge erteilt. Der eine nannte sich "Heilpraktiker", des anderen ungewöhnliche Berufsbezeichnung ist mir entfallen. Erst als die Schmerzen zur ständigen schlimmen Qual geworden waren, schluckte sie Schmerz-Tabletten.
Diese vorher auch im Alter noch schöne Frau war zuletzt nur noch ein Schatten ihrer selbst. Ihre total abgemagerte Gestalt wirkte geradezu gespenstisch. Sie wog nur noch 38 kg. Ihre Haut war grau-gelb geworden. Auf eigenen Wunsch begab sie sich zuletzt in ein Hospiz. Dort ließ sie sich dann auch Morphium geben. Nach 2,5 Monaten starb sie in dem Hospiz. Freunde, die sie als Tote noch sahen, sagten etwas Erstaunliches: Im Tode hätten ihre Gesichtszüge wieder sehr schön ausgesehen.
Herr Dr. Hamer, ich bin zwar Laie, habe mir aber nachweislich genug medizinisches Wissen angeeignet, um nachvollziehen zu können, was seriöse Mediziner über Ihre "Lehre" aussagen. (So wurde ich schon zweimal von einem Arzt in Gesprächen für eine Kollegin gehalten.) Ich kenne Ihre Bücher und die Schriften Ihrer "Jünger". Und ich kenne die Widerlegungen Ihrer abstrusen Behauptungen. Ihre Verkündigungen wären zum Lachen, wenn sie nicht solch verhängnisvolle Wirkung hätten.
Ich habe in Sachen Hamer-Lehre um meiner Freundin willen an die "Gesellschaft für biologische Krebsabwehr" geschrieben, zu der ich vor 25 Jahren Verbindung aufgenommen habe. Ferner schrieb ich gleichermaßen an die Redaktion der seit 150 Jahren bestehenden Zeitschrift "Naturarzt". Beide Ärzteschaften, die nun wirklich engagiert für medizinische naturheilkundliche Alternativen eintreten, teilen aber Ihre Ansichten nicht! (Ansonsten gibt es bekanntlich sehr viele weitere unwiderleglich begründete Ablehnungen Ihrer absonderlichen Lehre.) Aber leider war meine Freundin zum hoffnungslosen Fall geworden. Sie hatte sich in Ihre Irrtümer so verrannt, daß sie ablehnende Meinungen anderer Ärzte nicht mehr zur Kenntnis nehmen wollte, selbst von auf dem Gebiet der Naturheilkunde renommierten Medizinern nicht mehr.
Herr Dr. Hamer,
es wurde nachgewiesen und dokumentiert, daß Ihre Beschreibungen der Fälle, die Sie als Ihre Heilerfolge veröffentlichten, nicht auf Wahrheit beruhten. Sie haben das vorübergehend verbesserte Befinden dieser Menschen als Heilung bezeichnet. In Wahrheit sind diese Menschen aber an Krebs gestorben. Bekanntlich starb sogar auch Ihre eigene Frau an Krebs.
Aufgrund Ihrer salbungsvollen überaus ausführlichen Selbstbeweihräucherungen und Selbstbemitleidungen verdienter Strafen wegen sind Sie für eingefleischte Hamer-Lehre-Anhänger als Mediziner glaubwürdig. In deren logisch unhaltbarer Argumentation werden zwei grundverschiedene Kategorien eifernd vermischt: Der Mediziner Hamer ist im Recht, nur weil der Mensch Hamer im Gefängnis saß.
Daß Sie ihr derzeitiges Domizil gar zur "Universität" erklärten, sieht beinahe schon einer pathologischen Komponente in Ihrem Gehirn ähnlich. Ferner: Daß Ihr Anhänger Helmut Pilhar heute herumreist, um wie ein Sekten-Prediger Ihre hanebüchenen Thesen zu verkünden, ist ebenfalls halb eine Posse und halb ein Vergehen an Unwissenden, für die das Thema Krebs aktuell werden könnte. Auch die Schilderung der Rettung der Tochter Olivia der Eltern Pilhar, die weit verbreitet wurde, entsprach nicht den Tatsachen. Sie wurde im Kindesalter gegen den Willen der Eltern aufgrund einer behördlichen Verfügung operiert und nur dadurch geheilt.
Zum Schluß eine Frage an Sie:
Wie definieren Sie eigentlich den Begriff "Gewissen"? Und wie funktioniert es bei Ihnen?
Mit Verachtung