Urteil VG Frankfurt – Approbation

VERWALTUNGSGERICHT FRANKFURT AM MAIN

Geschäftsnummer: 12 E 591/03 (2)

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In der Verwaltungsrechtsache
 

des Herrn Dr. med. Ryke Geerd Hamer, Editiones de la Nueva Medicina S.L., Camino Urique 69 / Apdo. 209, E-29120 Alhaurin el Grande

Kläger

Proz.-Bev.

  1. Rechtsanwälte Klinger & Koch
    Grunthalplatz 13, 19053 Schwerin, - j 35_3_4
  2. Herrn Dr. jur. Karl Stoiber
    Baugasse 10, Wels
  3. Frau Bona Garcia Ortin
    Arroyo Fontarrón Madrid
  4. Frl. Stud. Sylvia Glatz
    Goezstraße 32, Stuttgart

gegen

Land Hessen, vertreten durch das Landesprüfungsamt für Heilberufe,
Adickesallee 36, 60322 Frankfurt am Main,

Beklagter,

wegen Recht der freien Berufe (einschließlich Kammerrecht)

hat die 12. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main durch

Vors. Richterin am VG Oehm-Neidlein
Richter am VG Dr. Repp
Richter am VG Grünewald
sowie die ehrenamtlichen Richter Herr Engeland und Herr Fritzel

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2003 für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahren hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

TATBESTAND

Der im Jahre 1935 geborene Kläger erhielt am 10. April 1962 seine Bestallung als Arzt. Nach der Promotion im Dezember 1963 erlangte er im Februar 1972 seine Anerkennung als Facharzt für Innere Medizin. Nach Angaben des Klägers stellte sich nach der 1978 erfolgten Tötung seines Sohnes aufgrund der hierdurch erlittenen Schockreaktion bei ihm selbst Hodenkrebs ein, der im Jahre 1981 operativ entfernt werden konnte. Wesentlich durch diese Erlebnisse bedingt, gelangte der Kläger zu der Ansicht, die Ursache einer jeden Krebserkrankung gefunden zu haben sowie imstande zu sein, diese in jedwedem Stadium heilen zu können. Im Oktober 1981 reichte er bei der Medizinischen Fakultät der Universität Tübingen unter Vorlage einer Schrift mit dem Thema “Das Hamer-Syndrom und die Eiserne Regel des Krebs” ein Habilitationsgesuch ein, welches jedoch abgelehnt wurde. Seitdem bemüht sich der Kläger um die wissenschaftliche Anerkennung der von ihm vertretenen Theorie von den “Entstehungs-, Lokalisations- und Verlaufsmechanismen und Therapiemöglichkeiten von Krebserkrankungen”.

Mit Bescheid vom 8. April 1986 widerrief die Bezirksregierung Koblenz die vom Land Hessen dem Kläger erteilte Approbation. Die hiergegen vom Kläger erhobene Klage wurde durch Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 3. Juli 1989 - 9 K 215/87 - abgewiesen: die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung wurde mit Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 21.12.1990 - 6 A 10035/89 - zurückgewiesen. Dabei wurde im wesentlichen ausgeführt, der Widerruf der Approbation sei gemäß § 5 Absatz 2 Satz 2 i.V.m. § 3 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 der Bundesärzteordnung in der maßgeblichen Fassung der Änderung durch das Gesetz vom 18.02.1986 zu Recht erfolgt. Es bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Kläger aufgrund seiner geistig-seelischen Konstitution nicht mehr in der Lage sei, sein praktisches ärztliches Handeln an der Einsicht in die ärztlichen Gegebenheiten auszurichten. Der Kläger sei durch eine wahnähnliche Gewissheit, seine wissenschaftlichen Erkenntnisse seien unantastbar, geprägt.

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 30.06.1992 bei dem beklagten Land die Wiedererteilung seiner Approbation als Arzt. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die “Neue Medizin” sei nun durch eine universitäre Prüfung im Auftrag der Medizinischen Fakultät der Universität Düsseldorf geprüft und für richtig befunden worden. Es habe sich erwiesen, dass die “Neue Medizin” der bisherigen auf den meisten Gebieten weit überlegen sei und daher in der Therapie nicht mehr blockiert werden dürfe. Mit Bescheid vom vom 12.01.1993 lehnte das Hessische Landesprüfungsamt für Heilberufe den Antrag auf Wiedererteilung der Approbation ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger erfülle nicht die Voraussetzungen nach § 3 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 der Bundesärzteordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 16.04.1987. Nach § 1 Bundesärzteordnung diene der Arzt in der Ausübung seines Berufes der Gesundheit des Einzelnen und des gesamten Volkes. Im Bewusstein dieser Verpflichtung sei er gehalten, den ärztlichen Beruf nach den Regeln der ärztlichen Kunst auszuüben und dabei die Grenzen des eigenen Wissens und Könnens zu erkennen, sowie danach zu handeln (vgl. § 4 Abs. 2 S. 2 BÄO). Dies setze voraus, dass der Arzt regelmäßig im wohlverstandenen Interesse eines Patienten neben anderen auch die Grundlagen und Entwicklungen der medizinischen Wissenschaft insgesamt zu berücksichtigen haben. Dabei habe er sein praktisches ärztliches Handeln an der Einsicht in alle ärztlichen Gegebenheiten auszurichten. Nach dem rechtskräftigen Beschluß des OVG Koblenz vom 21.12.1990 sei davon auszugehen, daß der Kläger in der Diagnostik und Therapie insbesondere krebskranker Patienten einer von ihm begründeten Lehre, der sog. “Neuen Medizin” den absoluten Vorrang einräume und dabei zugleich Möglichkeiten, die sich mit ihren Methoden nicht vereinbaren ließen, von der Anwendung ausschließe. Er sei folglich nicht bereit, Patienten in Kenntnis der ärztlichen Gegebenheiten der nach dem derzeit anerkannten Wissenstand gebotenen Behandlung zuzuführen. Es bestehe deshalb die Gefahr, daß der Kläger Krebskranke zu ihrem Nachteil von einer möglicherweise erfolgversprechenden Behandlung auf anerkannter Grundlage abhalte. Die vom Kläger im Rahmen dieses Verwaltungsverfahrens gemachten Äußerungen ließen erkennen, daß er nach wie vor eine unversöhnliche Haltung gegenüber anderen Therapieformen, nämlich denen der sog. Schulmedizin einnehme. Es stehe deshalb zu befürchten, daß im Falle der Wiedererteilung der ärztlichen Approbation dieselben Umstände wieder eintreten würden, die seinerzeit zum Widerruf der Approbation geführt hätten, nämlich eine unzureichende ärztliche Betreuung krebskranker Menschen. Nach alledem sei der durch den Widerruf der Approbation erfolgte Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Absatz 1 GG) nach wie vor gerechtfertigt.

Der Kläger legte gegen diese Bescheid am 15.01.1993 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Richtigkeit der “Neuen Medizin” habe sich in der praktischen Anwendung bestätigt. Die Neue Medizin gründe auf vier “harten” biologischen Gesetzmäßigkeiten, die an jedem einzelnen Fall reproduzierbar seien. Damit dürfe sie “als einzige Medizin den Anspruch einer strengen Naturwissenschaftlichkeit erheben”. Eine Therapie auf der Basis der “Neuen Medizin” verstoße schon deshalb nicht gegen das geltende Recht, weil Behandlungsweisen der Schulmedizin dort nicht allein als wissenschaftlich anerkennbar seien, wo die Ursachen einer Krankheit noch immer nicht erforscht seien; deshalb habe jede Art der Behandlung zwangsläufig experimentellen Charakter. Im übrigen würden auch die für die Erteilung der ärztlichen Approbation maßgeblichen Bestimmungen nicht abschließend regeln, daß nur die Schulmedizin für die Ausübung des ärztlichen Berufs maßgeblich sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13.06.1996 wies das Hessische Landesprüfungsamt für Heilberufe den Widerspruch zurück. Hierbei wurde u.a. ausgeführt, bei dem Kläger sei weiterhin die Bereitschaft stark ausgeprägt, die von ihm vertretene Lehre einer “Neuen Medizin” absolut zu setzen und andere möglicherweise erfolgversprechende Behandlungsmethoden auf anerkannter wissenschaftlicher Grundlage schon vom Ansatz her auszugrenzen. In diesem Zusammenhang sei exemplarisch auf das Verhalten des Klägers im Falle der an Krebs erkrankten sechsjährigen Olivia Pilhar verwiesen. Der Kläger habe diese Patientin längerfristig nach seinen medizinischen Vorstellungen behandelt und mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln eine erfolgversprechende ärztliche Behandlung nach den anerkannten Regeln der Medizin solange verhindert, bis schließlich das Leben des Kindes in höchstem Maße konkret gefährdet gewesen sei und das Kind nur durch staatliche Maßnahmen österreichischer und spanischer Behörden und Gerichte einer lebensrettenden Behandlung der anerkannten medizinischen Wissenschaft habe zugeführt und gerettet werden können.

Der Kläger hat am 16.06.1996 die vorliegende Klage erhoben. Mit Beschluß vom 15.05.1997 hat die erkennende Kammer das Verfahren bis zum Abschluß des von der Staatsanwaltschaft Köln betriebenen Ermittlungsverfahrens wegen fahrlässiger Körperverletzung tateinheitlich mit unerlaubter Ausübung der Heilkunde in Sachen Olivia Pilhar ausgesetzt. In dieser Sache hat die Staatsanwaltschaft Köln am 23.11.1998 Anklage gegen den Kläger erhoben. Ein Strafverfahren konnte in der Folgezeit nicht durchgeführt werden, weil der Kläger seinen Wohnsitz nach Spanien verlegt hat. Der Kläger war bereits mit Urteil des Landgerichts Köln vom 12.02.1993 wegen Verstoßes gegen das Heilpraktikergesetz zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten, deren Vollstreckung auf Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt worden. Mit Urteil vom 09.09.1997 verhängte das Amtsgericht Köln gegen den Kläger wegen der Ausübung der Heilkunde ohne zur Ausübung des ärztlichen Berufes berechtigt zu sein und ohne eine Erlaubnis nach § 1 Heilpraktikergesetz zu besitzen - in drei Fällen - eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten. Weiterhin wurde der Kläger im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit auf dem medizinischen Gebiet im Februar 2000 in Frankreich zu einer - nicht rechtskräftigen - Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt.

Der Kläger vertritt die Auffassung, der Bescheid des Hessischen Landesprüfungsamtes für Heilberufe vom 12.01.1993 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 13.06.1996 sei rechtswidrig; dem Kläger stehe ein Anspruch auf erneute Erteilung der ärztlichen Approbation zu. Der Kläger habe sich in der Vergangenheit keines Verhaltens schuldig gemacht, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufes gem. § 3 Abs. 1 Nr. 2 BÄO ergebe. Das ihm vorgeworfene Fehlverhalten wiege nicht schwer und liege Jahre zurück. In dem für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung seien keine Umstände erkennbar, die eine aktuelle Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit des Klägers zur Ausübung des ärztlichen Berufes rechtfertigen würden. Der Kläger behauptet, er habe in der Vergangenheit und würde dies auch zukünftig tun, seine Patienten über alle nach den Künsten der Medizin in Betracht kommenden Behandlungsmethoden aufgeklärt und ihnen klargemacht, dass es sich bei der von ihm vertretenen Therapie nach der “Neuen Medizin” um eine Mindermeinung handele. Entgegen der Annahme des Beklagten sei es also nicht so, daß er seine Patienten unkritisch und mit einem Absolutheitsanspruch ausschließlich seiner eigenen Therapie unterstelle. Unter Anwendung der “Neuen Medizin” überlebten 95% aller Patienten ohne Spät- und Nachfolgen, jedenfalls dann, wenn sie nicht zuvor schulmedizinisch behandelt worden seien. Ca. 5% der Patienten würden sterben, weil sie nicht in der Lage gewesen seien, ihre eigenen Konflikte zu lösen.

Der Kläger beantragt

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 12.01.1993 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 13.06.1996 zu verpflichten, ihm die Approbation als Arzt wieder zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, der Kläger habe keinen Anspruch auf erneute Erteilung der ärztlichen Approbation. Wegen der Einzelheiten der Begründung nimmt der Beklagte Bezug auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden.

Wegen der Sach- und Rechtslage im einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die zu dieser gelangten Schriftsätze der Beteiligten samt Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat die Behördenakten (2 Bände) beigezogen und sie zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Die Klage ist nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf erneute Erteilung der ärztlichen Approbation. Der ablehnende Bescheid des Hessischen Landesprüfungsamtes für Heilberufe vom 12.01.1993 in der Fassung der Widerspruchbescheides vom 13.06.1996 ist rechtsmäßig und verletzt den Kläger dadurch nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO).

Der Kläger erfüllt nicht sämtliche für die Erteilung der Approbation erforderlichen Voraussetzungen. Nach § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BÄO in der Fassung der Bekanntmachung vom 16.04.1987 (BGBl. 1 S. 1218) ist die Approbation als Arzt nur zu erteilen, wenn der Antragsteller sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufes ergibt. Dies trifft auf den Kläger jedoch nicht zu, denn bei ihm liegt eine Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs vor. Unzuverlässig ist derjenige, der nach seiner Gesamtpersönlichkeit keine ausreichende Gewähr für eine ordnungsgemäße Berufsausübung bietet (Haage, Erläuterungen zur BÄO, Das deutsche Bundesrecht I Kg, S. 19). Der Begriff der “Unzuverlässigkeit” wird durch die Prognose gekennzeichnet, ob der Betroffene in Zukunft seine beruflichen Pflichten zuverlässig erfüllen wird (BverwG, NJW 1993, 806 und NJW 1991, 1557). Der Kläger bietet zum für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung aufgrund seines in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens keine ausreichende Gewähr dafür, den ärztlichen Beruf ordnungsgemäß auszuüben, so daß er nicht als zuverlässig angesehen werden kann.

Nach § 1 BÄO dient der Arzt in der Ausübung seines Berufes der Gesundheit des Einzelnen und des gesamten Volkes. Im Bewußtsein dieser Verpflichtung ist er gehalten, den ärztlichen Beruf nach den Regeln der ärztlichen Kunst auszuüben und dabei die Grenzen des eigenen Wissens und Könnens zu erkennen sowie danach zu handeln (vgl. § 4 Abs. 2 S. 2 BÄO). Dies setzt voraus, daß der Arzt regelmäßig im wohlverstandenen Interesse eines Patienten neben anderem auch die Grundlagen und Entwicklungen der medizinischen Wissenschaft insgesamt zu berücksichtigen hat. Es gehört somit zur Berufspflicht, daß der Arzt sein praktisches Handeln an der Einsicht in alle ärztlichen Gegebenheiten auszurichten hat. Der Kläger bietet nicht die Gewähr, dieser ärztlichen Verpflichtung nachzukommen. Vielmehr ist aufgrund seiner bisherigen Einlassungen davon auszugehen, daß er nicht Willens oder in der Lage ist, sein praktisches ärztliches Handeln an der Einsicht in alle ärztlichen Gegebenheiten auszurichten. Die vom Kläger während des Laufes des Verwaltungsverfahrens und des Gerichtsverfahrens gemachten Äußerungen zeigen, daß er in Diagnostik und Therapie krebskranker Menschen der von ihm begründeten Lehre der sogenannten “Neuen Medizin” den absoluten Vorrang einräumt und andere Ansätze und Methoden bei der Behandlung von vorneherein ausschließt. Da der Kläger für die von ihm vertretene Lehre einen Absolutheitsanspruch geltend macht, steht ernsthaft zu befürchten, daß Patienten einer umfassenden Behandlung nicht zugeführt würden.

Die vom Kläger während des Laufes des Verwaltungsverfahrens und des Gerichtsverfahrens gemachten Äußerungen zeigen, daß der Kläger über die gesamten Jahre hinweg bis zum heutigen Zeitpunkt einzig und allein auf die von ihm begründete Lehre der sogenannten “Neuen Medizin” fixiert ist und gegenüber anderen Therapieformen eine unversöhnliche Haltung einnimmt. Zum Beleg hierfür stehen die folgenden Äußerungen des Klägers bzw. seines damaligen Prozeßbevollmächtigten, wobei es sich nur um eine beispielhafte Aufzählung handelt. So spricht der Kläger in einem von ihm stammenden Telefax vom 17.12.1992 an das Hessische Landesprüfungsamt für Heilberufe davon, daß er von der Behörde gezwungen werden solle, wieder “den alten überholten Kram” zu machen und seine Patienten “damit in Scharen - schulmedizynisch korrekt - umzubringen, obwohl die Behörde wisse, daß die Patienten nach der Neuen Medizin die zehnfache Überlebenschance hätten”. Im Schriftsatz seines damaligen Prozeßbevollmächtigten vom 12.08.1996 an das Verwaltungsgericht Frankfurt a. M. wird ausgeführt, der Kläger habe im Bereich der Onkologie “eine völlig ablehnende Haltung gegenüber der Medizin bei gleichzeitigem Angebot seiner eigenen Neuen Medizin”. In seinem Schreiben vom 06.09.2002 an das Gericht in Chambery / Frankreich führt der Kläger aus, “die Neue Medizin sei von zwei Universitäten nach naturwissenschaftlichen Regeln verifiziert und damit sei die bisherige Schulmedizin falsch. Das Gericht in Chambery versuche vergeblich, eine wissenschaftliche Leiche zu reanimieren”. Weiterhin hat der Kläger in mehreren Schreiben an das Verwaltungsgericht Frankfurt a. M. aus der jüngsten Vergangenheit den Vorwurf erhoben, ebenso wie die beklagte Behörde wäre die für die Entscheidung zuständige Gerichtskammer mitverantwortlich “an der vorsätzlichen sogenannten schulmedizinischen Tötung von vielen Millionen Patienten in Deutschland und Milliarden Patienten weltweit” (so das Schreiben vom 21.03.2003). Schließlich lassen sich auch aus dem in der mündlichen Verhandlung überreichten Buch des Klägers “Vermächtnis einer Neuen Medizin”, Teil 1 Äußerungen entnehmen, die den vom Kläger geltend gemachten medizinischen Alleinvertretungsanspruch belegen. So spricht er auf Seite 7 davon, daß dieses Buch u.a. seinen gestorbenen Patienten gewidmet sei, die “so bedrängt oder gar mit massivem Druck gezwungen wurden, sich wieder in die sogenannte Behandlung der herrschenden Mediziner zu begeben und dort unter Morphium elendig zu Tode gebracht worden (seien)”. In dem Vorwort zur 2. bis 6. Auflage auf Seite 17 wird davon gesprochen, das Buch sei Grundlage eines völlig neuen Verständnisses der Medizin geworden. Die Leser hätten begriffen, “das hier eine medizingeschichtliche Wende eines vorher für unvorstellbar gehaltenen Ausmaßes markiert” worden sei.

Angesichts dieser klaren und über Jahre hinweg gemachten Aussagen des Klägers bestehen für das Gericht keine vernünftigen Zweifel daran, daß der Kläger einzig und allein die von ihm vertretene “Neue Medizin” als Behandlungsmöglichkeit krebskranker Patienten anwenden und andere Therapieformen von vorneherein von der Behandlung ausschließen würde, zumal der Kläger vorgebracht hat, unter Anwendung der “Neuen Medizin” würden 95% aller Patienten ohne Spät- und Nachfolgen überleben, jedenfalls dann, wenn sie nicht zuvor schulmedizinisch behandelt worden seien.

Ein weiterer Grund für die Annahme, daß der Kläger nicht die Gewähr dafür bietet, den ärztlichen Berufs ordnungsgemäß auszuüben und damit als unzuverlässig anzusehen ist, stellt die Tatsache dar, daß der Kläger in der Vergangenheit im Rahmen des beruflichen Bereiches wiederholt und erheblich gegen Strafvorschriften verstoßen hat, weswegen er auch rechtskräftig verurteilt wurde. Der Kläger hat auch nachdem ihm die ärztliche Approbation bestandskräftig entzogen worden war, mehrfach Patienten behandelt, ohne zur Ausübung des ärztlichen Berufes berechtigt zu sein und eine Erlaubnis nach § 1 Heilpraktikergesetz zu besitzen. Er wurde deshalb mit rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Köln vom 12.02.1993 zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten auf Bewährung verurteilt. Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgericht Köln vom 09.09.1997 wurde der Kläger zu einer weiteren Freiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten verurteilt. Anders verhält es sich jedoch mit dem in Sachen Olivia Pilhar erhobenen Vorwürfen der unerlaubten Ausübung der Heilkunde sowie der fahrlässigen Körperverletzung. Diese Tatvorwürfe, insbesondere der der fahrlässigen Körperverletzung, der Anlaß für die Aussetzung des verwaltungsrechtlichen Klageverfahrens war, konnte bis zum heutigen Tage nicht strafrechtlich geklärt werden, da der Kläger sich der Durchführung dieses Strafverfahrens dadurch entzogen hat, daß er seinen Wohnsitz nach Spanien verlegt hat. Diese Tatvorwürfe können deshalb nicht Gegenstand der vorzunehmenden rechtlichen Würdigung sein, ohne daß dies allerdings von entscheidungserheblicher Bedeutung ist. Denn der Kläger hat unabhängig hiervon ein Fehlverhalten gezeigt, das gerade in Bezug auf die Ausübung des ärztlichen Berufes von Bedeutung ist, nämlich die Ausübung der Heilkunde ohne erforderliche Erlaubnis. Dies läßt auf eine Neigung bei dem Kläger schließen, sich über bestehende Rechtsvorschriften hinwegzusetzen, wenn sie mit seinen Vorstellungen und Zielen nicht zu vereinbaren sind. Das Vorliegen einer solchen Einstellung steht jedoch der Annahme entgegen, der Kläger biete die Gewähr, zukünftig den ärztlichen Beruf ordnungsgemäß auszuüben.

Da nach alledem der Kläger die Voraussetzungen für die Erteilung einer ärztlichen Approbation nicht erfüllt, ist die zwingende Rechtsfolge, daß ihm die begehrte Approbation zu entsagen ist. Der in der Versagung der Approbation liegende Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) ist im Hinblick auf den Erhalt einer ordnungsgemäßen ärztlichen Versorgung und den Schutz der Patienten sachlich gerechtfertigt und verhältnismäßig, ohne daß es noch einer zusätzlichen Auseinandersetzung mit individuellen Umständen, wie Alter des Betroffenen und Möglichkeiten anderweitiger beruflicher Tätigkeiten bedürfte (vgl. BverwG, NJW 1999, 3425, 3426 betreffend dem Widerruf einer ärztlichen Approbation).

Da es sich bei der Erteilung bzw. Versagung einer Approbation als Arzt um eine gebundene Entscheidung und nicht um eine Ermessensentscheidung handelt, ist es ohne Erheblichkeit, daß das Hessische Landesprüfungsamt für Heilberufe seine ablehnende Entscheidung nicht auf § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 sondern auf Nr. 3 BÄO gestützt hat, wonach Erteilungsvoraussetzung ist, daß der Antragsteller nicht in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Berufes ungeeignet ist.

Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf § 167 VwGO I. V. §§ 708 Nr. 11, 711 S. 1 ZPO.

RECHTSMITTELBELEHRUNG

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung nur zu, wenn sie vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich zu beantragen. Der Antrag muß das angefochtene Urteil bezeichnen.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.

Die Berufung ist nur zuzulassen

wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats oder obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht, oder

wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahresmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Der Antrag und die Begründung sind bei dem

Verwaltungsgericht Frankfurt am Main
Adalbertstr. 44-48
60487 Frankfurt am Main

zu stellen.

...

Oehm-Neidlein
Grünewald
Dr. Repp